Die Geschichte meines schlechten Gewissens beginnt bereits in meiner Kindheit. Ich hatte ein schlechtes Gewissen, wenn ich mit einer Puppe mehr spielte wie mit der anderen, wenn ich nicht nett zu meiner jüngeren Schwester war, wenn ich eine kleine gefangene Kröte vergessen hatte wieder ins Freie zu lassen (Kinder sind manchmal wirklich grausam). Die Liste könnte ich mit vielen weiteren Beispielen verlängern. Ich gehöre also seit jeher zu den Menschen, die immer mal wieder ein schlechtes Gewissen haben. Je nach Phase und Alter haben sich dabei die Bezugspunkte, warum ich Gewissensbisse habe und wem gegenüber ich diese habe geändert.
Was ist Gewissen?
Das Gewissen an sich wird von gesellschaftlichen Normen und eigenen Einstellungen bestimmt. Handeln wir nach unseren Normen und Einstellungen, geht es uns gut und wir haben ein „reines Gewissen“. Doch was bedeutet es „ein schlechtes Gewissen“ zu haben? Wir machen uns Selbstvorwürfe und Schuldgefühle, die uns dann auf der Seele liegen. Wir haben anderen gegenüber das Gefühl etwas falsch gemacht zu haben, bereuen dies und hatten noch nicht die Gelegenheit es wieder gut zu machen. Laut Definition fehlt es mit einem schlechten Gewissen an Harmonie im Bewusstsein.
Das finde ich einen sehr schönen bildliche Beschreibung. Das fehlen an Harmonie erzeugt in vielen Situationen schlechte Gefühle.
Alu von Grosseköpfe schreibt in ihrem Artikel zur gleichnamigen Blogparade vor allem über das schlechte Gewissen, bei dem Versuch Familie, Job und Alltagsaufgaben in Einklang zu bringen – alles miteinander zu vereinbaren um dabei festzustellen, dass immer etwas oder jemand zu kurz kommt.
Ihr wißt bereits (oder auch noch nicht), ich möchte immer alles perfekt machen und stoße dabei natürlich an Grenzen. Ich schaffe es eben nicht immer alles im gleichen Tempo und in gleicher Intensität zu machen. Und wie Alu schreibt, kommt es auf die Prioritäten an. Zum jetzigen Zeitpunkt ist mir meine Familie das Wichtigste (und wird es wahrscheinlich auch immer bleiben), deswegen habe ich mich auch im Job entschieden nicht die Karriereleiter zu besteigen. Ganz bewußt und ohne schlechtes Gewissen! Ich möchte meinen Job so gut machen, dass es keine Probleme gibt und dass ich mit gutem Gewissen gegenüber meinen Kollegen und Arbeitgeber sein kann. Der Kompromiss einer Dreiviertel Stelle ist für mich genau richtig, ich habe noch Zeit am Nachmittag mit meinen Kindern und nehme nicht zuviel Job-Gedanken mit nach Hause.
Unsere Kinder gehen gerne in die Schule und in den Kindergarten, ich finde sie dort (in den meisten Fällen) gut betreut. Klar gibt es Tage, an denen vor allem der Mittlere mal keine Lust auf Kindergarten hat, aber ich weiß, dass wenn er dort ist und mit seinen Freunden spielt, diese Gedanken wieder verfliegen. Ich bin mir sicher, dass unsere drei in ihren Gruppen bzw. Klassen, das lernen, was wir ihnen zu Hause nicht beibringen könnten. Ich habe deswegen kein schlechtes Gewissen und habe bisher auch keinen getroffen, der mir eines machen wollte.
Wie ich bereits hier und hier geschrieben habe, bin ich meist zufrieden mit meiner Work-Family-Balance. Wir haben klare Abläufe und Rituale, die es einfacher machen, den Alltag zu bewältigen und wir haben Unterstützung von unseren Familien, so habe ich selbst dann kein schlechtes Gewissen, wenn die Kinder nicht von uns „betreut“ werden, sondern weiß sie immer in lieben Händen.
Klar, könnte ich mehr Zeit für mich haben, aber die kommt schon noch wieder und ja, die Zeit für Papa³ und mich fehlt auch oft, aber wenn wir uns dann bewußt die Zeiträume schaffen, dann ist es um so besser. Mein schlechtes Gewissen den Kindern gegenüber bezieht sich eher darauf, dass es schwierig ist, mit jedem einzelnen der drei allein Zeit zu verbringen. Selbstvorwürfe mache ich mir, wenn die Kommunikation in unserer Familie nicht so ist, wie ich sie mir vorstelle, wenn es Streit gibt. Daran versuche ich zu arbeiten und merke, dass es gut tut Tage ohne Schuldgefühle aka schlechtes Gewissen zu haben. Ich habe auch ein schlechtes Gewissen, weil ich bestimmte Spiele z.B. Rollen Spiele a la Star Wars nicht spielen mag und es dann bevorzuge zu backen oder ähnliches.
Um die Eingangs gestellte Frage zu beantworten: Habe ich ein schlechtes Gewissen? Ja, aber weniger aus Gründen der (Nicht-)Vereinbarkeit, sondern eher, weil ich nicht alles so „richtig“ in der Erziehung mache, wie ich mir wünsche und vorstelle.
Ich glaube übrigens, dass ein vermehrtes schlechtes Gewissen mit bestimmten Charakterzügen zusammen hängt, wenn ich es schaffe von meinem Drang nach Perfektionismus oder auch „Alles-muss-klappen“ los zu kommen, dann kann ich besser priorisieren und die wirklich wichtigen Dinge erkennen. Das führt zwangsläufig zu weniger Gewissensbissen, die im Übrigen so gar nicht weiterbringen, sondern eher blockieren.
Längere Tage wären immer willkommen oder vielleicht auch einfach weniger Schlafbedürfnis. Dann könnte es vielleicht zur Perfektion von Vereinbarkeit kommen, vielleicht aber auch nicht, denn letztlich muss jeder für sich seinen Weg und vor allem sein Tempo finden, mit weniger Gewissensbissen und viel Harmonie im Bewusstsein.